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Junge Frau steht unter einer Brücke und schaut nach links aus dem Bild heraus

Obdachlosigkeit bei Frauen in Selm: Zwei Streetworkerinnen bieten ihre Hilfe an

07.03.2020 Hellweger Anzeiger

Die Dunkelziffer ist hoch beim Thema Obdachlosigkeit. Wie viele Menschen davon in Selm betroffen sind, ist schwer zu sagen. Für eine Gruppe – die Frauen – gibt es jetzt ein besonderes Angebot.

Hilfe für obdachlose Frauen gibt es in Selm durch das Projekt „Mobile Wohnhilfen“ vom Frauenforum im Kreis Unna.

Foto: © AdobeStock 320591244

Selm Die Fälle können ganz unterschiedlich aussehen, sagt die Streetworkerin Zora Lachermund. Nach dem Tod ihres Mannes kann eine Frau mit ihrer kleinen Rente die Miete nicht mehr zahlen – steht plötzlich ohne Wohnung da. Eine Familie hat nicht genug Geld, um die Strom- und Wasserrechnung zu bezahlen, ihnen droht die Räumung, sie hat Angst, dass das Jugendamt ihnen dann auch die Kinder wegnimmt. Nach einer schweren Depression verliert eine junge Frau ihren Halt im Job und im Privatleben – findet sich plötzlich ohne Obdach auf der Straße wieder.

All das sind Situationen, in denen Zora Lachermund helfen kann – und möchte. Das ist ihr Job: Zusammen mit Anke Brink betreut sie das Projekt „Mobile Wohnhilfe für Frauen“ vom Frauenforum im Kreis Unna. Der Name verrät es schon: Die beiden Streetworkerinnen kommen vorbei, um zu helfen. Immer dann, wenn die Obdachlosigkeit droht – oder schon eingetreten ist. „Wir kommen ganz unbürokratisch raus“, erklärt Zora Lachermund.

Obdachlosigkeit: Ist das überhaupt ein Problem in Selm? Gibt es das hier überhaupt? Ja, auf jeden Fall: Das hatte Janine Brink von der Diakonie auf eine RN-Anfrage im Dezember erklärt. Allein 26 Menschen waren damals ohne eigene Meldeadresse bekannt – die Dunkelziffer, das ist bei diesem Thema allgemein hoch, schätzen die Experten sehr hoch ein.

In Selm gibt es kein Frauenhaus

Der erste Fall, den Zora Lachermund im Zuge des noch jungen Projekts hatte, so sagt sie, war auch einer aus Selm. Hier, so erklärte sie es im letzten Ausschuss für Soziales, ist die Frauenhilfe etwas unterrepräsentiert. In Unna beispielsweise gibt es ein Frauenhaus – also eine Stätte, in der Frauen, die Hilfe brauchen, diese schnell und unbürokratisch bekommen können.

Zwar gibt es in Selm ebenfalls Obdachlosenunterkünfte und auch eine Beratung von Menschen, die entweder wohnungslos oder davon bedroht sind: Das Projekt der mobilen Wohnhilfen vom Frauenforum richtet sich allerdings speziell an Frauen. Etwas, das in dem Problemfeld von vielen Experten als wichtig erachtet wird.

In der Studie „Hilfen für wohnungslose Frauen“ von Sozialwissenschaftler Kai Huprich heißt es dazu: „Insbesondere für Frauen, die Gewalt in verschiedenen Formen erlebt haben, spielen Angebote, die ausschließlich von Frauen genutzt werden können, einen zentrale Rolle.“ Der Grund: In vielen Fällen waren es eben Männer, von denen die Gewalt ausging.

Ein sicheres Bett für die Nacht oder Hilfe beim Umgang mit dem Jugendamt

In diese Problematik hinein spielen Abhängigkeiten und Notlagen – auch Armut, Mangel an geeignetem Wohnraum oder psychische Erkrankungen können einen große Rolle spielen: Die Problemlagen sind sehr individuell und oft vielschichtig.

Kostenlose Hilfe für alle Frauen und ihre Familien, die in irgendeiner Form von Wohnungslosigkeit betroffen sind, gibt es eben bei Zora Lachermund und Anke Brink: ob es nun darum geht, ein sicheres Bett für die Nacht zu finden, das Abstellen des Stroms zu verhindern, die Wohnung doch nicht zu verlieren oder etwas mit dem Jugendamt abzuklären. Die beiden Streetworkerinnen kommen vorbei, helfen, geben Tipps. „Wir gucken dann einfach gemeinsam: Wie können wir das Problem lösen?“, erklärt Zora Lachermund.

Zora Lachermund ist unter Tel. (0152) 29095838 oder per Mail an mobileWohnhilfen1@frauenforum-unna.de erreichbar. Sie ist für die Städte Selm, Lünen, Werne und Bergkamen zuständig. Ihre Kollegin Anke Brink ist unter Tel. (0152) 29689246 oder per Mail an mobileWohnhilfen@frauenforum-unna.de erreichbar. Das Projekt ist bis zum 31. Mai 2022 gefördert vom Landessozialministerium.

Von: Marie Rademacher